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Politik & Gesellschaft

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MAA spricht mit Prof. Dr. Holzbaur

Nachhaltigkeit im Alltag – kleine Taten, große Wirkung

In unserem Interview spricht Prof. Dr. Ulrich Holzbaur über die Bedeutung kleiner Schritte für eine nachhaltige Zukunft. Mit Beispielen aus Aalen zeigt er, wie Sensibilisierung und Zusammenarbeit, etwa durch den Tag der Regionen und Schulinitiativen, Veränderung bewirken können. Holzbaur betont die Wichtigkeit, dass jeder Einzelne seinen Beitrag leistet, ohne sich zu überfordern.

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Bild: Sandra Ehinger

Herr Holzbaur, Sie sind in der Region Aalen für Ihre wissenschaftliche und gesellschaftliche Arbeit bekannt, vor allem im Bereich Nachhaltigkeit und Projektmanagement. Gab es einen Moment in Ihrem Leben, der Ihre berufliche Ausrichtung oder Ihr Engagement besonders geprägt hat? 

Ein Schlüsselmoment war Weihnachten 1988, als ich in der Zeitung eine Stellenanzeige für eine Professur in Aalen entdeckte. Diese Chance war nicht geplant, aber ich habe mich beworben und wurde 1990 an die Hochschule Aalen berufen. Diese Entscheidung, wieder in den Bereich Forschung und Lehre zu gehen, habe ich bis heute nicht bereut. Schon früh interessierte ich mich, angeregt durch meine Eltern und meine Lehrer, für Mathematik und Geologie. Diese Begeisterung begleitete mich über die Jahre. Ein weiterer entscheidender Moment war die Entwicklung eines Zusatzstudiums für Umweltmanagement in den 1990er Jahren, das als Reaktion auf die Arbeitslosigkeit von Ingenieuren entstand. Das war der Einstieg, das Thema Umwelt und später Nachhaltigkeit an der Hochschule zu verankern. Auch mein Engagement in der Agenda 21 in Aalen war ein Wendepunkt, als ich gemeinsam mit Rudolf Kaufmann den Agendaprozess aktiv mitgestaltete. Insgesamt habe ich immer wieder kleine Entscheidungen getroffen und zufällige Wendungen erlebt, die mich zu dem gebracht haben, was ich heute tue. 



Bei dem Begriff der Nachhaltigkeit denkt man meistens an die Ökologie – doch es geht weit darüber hinaus. Was genau ist eigentlich Nachhaltigkeit? 

Nachhaltigkeit bedeutet, dass die Bedürfnisse der jetzigen Generation befriedigt werden können, ohne die Chancen zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen. Diese Definition, die 1987 in der sogenannten Brundtland-Kommission festgelegt wurde, zeigt, dass Nachhaltigkeit alle Bereiche des Lebens betrifft. Man spricht oft von den drei Säulen der Nachhaltigkeit: der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Dimension. Die Ökologie ist besonders präsent, insbesondere durch die drängenden Themen Klimawandel und Artenvielfalt. Doch Nachhaltigkeit geht weit darüber hinaus. Die soziale Dimension umfasst gesellschaftliche Aspekte wie Partizipation, Inklusion und Barrierefreiheit. Hier geht es darum, dass alle Menschen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben – sei es durch barrierefreie Mobilität oder andere Maßnahmen, die niemanden ausschließen. 




Hier geht es darum, dass alle Menschen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben haben – sei es durch barrierefreie Mobilität oder andere Maßnahmen, die niemanden ausschließen.





Die wirtschaftliche Nachhaltigkeit richtet den Fokus nicht nur auf Profit, sondern auch auf die Schaffung von Wohlstand. Dieser Wohlstand sollte nicht nur materiell, sondern auch qualitativ gemessen werden, also in Form von Lebensqualität und Zufriedenheit. 

Nachhaltigkeit ist somit eine umfassende Entwicklung, die sich nicht nur auf den Umweltschutz beschränkt, sondern auch soziale und wirtschaftliche Aspekte gleichberechtigt einbezieht. Das macht sie so herausfordernd – und gleichzeitig so wichtig. 



Nachhaltigkeit ist ein großes und oft abstraktes Thema. Gab es in Ihrem beruflichen oder privaten Leben einen Moment, in dem Ihnen bewusstwurde: ‚Hier kann ich wirklich etwas verändern‘? 

Ein prägender Moment in Bezug auf Nachhaltigkeit war der Aufbau der Lokalen Agenda 21 in Aalen. Hier wurde eine Struktur geschaffen, die Aktive miteinander vernetzt und ihnen ermöglicht, sich auf ihre Themen wie Barrierefreiheit oder Klimaschutz zu konzentrieren, ohne sich mit organisatorischen Hürden belasten zu müssen. Unterstützt durch das Agendabüro und den damaligen Amtsleiter Rudolf Kaufmann konnte nachhaltige Entwicklung fest in der Stadt verankert werden. Die Kernaussage: Jeder kann mit seinem größten Hebel – sei es im Beruf, privat oder durch Engagement – einen Beitrag leisten. Es geht nicht darum, perfekt zu sein oder alles zu ändern, sondern das zu tun, was im eigenen Einflussbereich liegt. Besonders wichtig ist eine positive Grundstimmung, die Menschen motiviert, an einer nachhaltigen Zukunft mitzuwirken, und Negativität und Hetze entgegenwirkt. 



Viele Menschen finden es schwierig, Nachhaltigkeit in ihren Alltag zu integrieren, sei es aus Zeitmangel oder wegen komplexer Anforderungen. Welche Hindernisse begegnen Ihnen in Ihrer Arbeit, wenn es darum geht, Menschen oder Unternehmen von nachhaltigem Handeln zu überzeugen? 

Ein zentraler Aspekt, den ich in meiner Arbeit immer wieder beobachte, ist die Lücke zwischen Wissen und Handeln, die sogenannte Attitude-Behavior-Gap. Viele Menschen wissen genau, welche Schritte nötig wären, um nachhaltiger zu leben, aber es fällt ihnen schwer, dies in die Tat umzusetzen. Das liegt oft an der Bequemlichkeit, an sozialen Normen oder an einer generellen negativen Grundstimmung, die in unserer Gesellschaft herrscht. Ein weiteres Hindernis ist das Vorurteil, Nachhaltigkeit sei zu kompliziert oder nur etwas für Idealisten. Hier setze ich in meiner Arbeit an, indem ich versuche, Nachhaltigkeit greifbar und praxisnah zu machen. Ein Beispiel dafür ist der ‚Aalener Nachhaltigkeitsweg‘, der Menschen vor Ort zeigt, was die nachhaltige Entwicklung konkret für sie bedeutet. Ich betone immer wieder, dass es nicht darum geht, perfekt zu sein, sondern in den Bereichen anzusetzen, in denen man selbst etwas bewegen kann. Eine positive Grundstimmung ist dabei unerlässlich. Statt Menschen dafür zu verurteilen, was sie nicht tun, sollten wir anerkennen, was sie bereits leisten – sei es weniger Autofahren, bewusster Konsum oder ein bewussterer Umgang mit Ressourcen. Diese Wertschätzung motiviert, weitere Schritte zu gehen. 




Statt Menschen dafür zu verurteilen, was sie nicht tun, sollten wir anerkennen, was sie bereits leisten – sei es weniger Autofahren, bewusster Konsum oder ein bewussterer Umgang mit Ressourcen. Diese Wertschätzung motiviert, weitere Schritte zu gehen. 




Auch die Bildung spielt eine Schlüsselrolle: Nachhaltiges Handeln beginnt mit Wissen. Doch dieses Wissen muss verständlich vermittelt und in alltagstaugliche Lösungen übersetzt werden. So schaffen wir nicht nur Bewusstsein, sondern geben den Menschen auch Werkzeuge an die Hand, die sie tatsächlich nutzen können. 

Zusammenfassend sage ich immer: Nachhaltigkeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon, bei dem jeder Schritt zählt. Es ist eine kollektive Aufgabe, die uns allen zugutekommt – und je mehr wir das als Gemeinschaft begreifen, desto schneller können wir spürbare Fortschritte erzielen. 



Können Sie uns ein Beispiel aus Aalen nennen, wo kleine Schritte in Richtung Nachhaltigkeit große Veränderungen bewirkt haben? Welche Rolle hat Ihre Arbeit dabei gespielt? 

Ein schönes Beispiel aus Aalen, wo viele kleine Schritte und ein langfristiges Engagement viel bewirkt haben, ist die Arbeit unserer Agendagruppe ‚Barrierefrei‘. Ein Highlight war die Zusammenarbeit mit der OVA, bei der wir Schulungen für Busfahrer initiiert haben. Ziel war es, die Fahrer für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren. Das erfordert keine großen Investitionen – es geht vielmehr um ein bis zwei Stunden Zeit, in denen das Verständnis geschärft wird. Diese Sensibilisierung hat viel bewirkt und den Alltag vieler Menschen erleichtert. Ein weiteres gelungenes Projekt ist der ‚Tag der Regionen‘, der jedes Jahr am 3. Oktober in der Aalener Löwenbrauerei stattfindet. Hier bringen wir regionale Erzeuger und Verbraucher direkt zusammen. Dieser direkte Austausch schafft Vertrauen und stärkt die regionale Wirtschaft – und das ohne große Werbekampagnen. 

Auch im Bildungsbereich haben wir viel erreicht, zum Beispiel mit dem Projekt ‚Grüner Aal‘. Dabei haben wir ein niedrigschwelliges Zertifizierungssystem für Schulen entwickelt, um diese zunächst hinsichtlich ihrer Umweltfreundlichkeit, später auch bezüglich ihrer gesamten Nachhaltigkeit zu bewerten. Der Ansatz, bei den Schulen zu beginnen, war bewusst gewählt, da wir so schon früh ein Bewusstsein für nachhaltiges Handeln schaffen und dieses an kommende Generationen weitergeben können. 



Wenn Sie unseren Lesern eine einfache Idee oder einen Gedanken mit auf den Weg geben könnten: Was wäre ein kleiner, erster Schritt, den jeder sofort tun kann, um nachhaltiger zu leben – und warum ist dieser Schritt so wichtig? 

Ein kleiner, aber kraftvoller Schritt in Richtung Nachhaltigkeit ist es, mutig den eigenen Verstand zu gebrauchen – das Prinzip ‚Sapere aude!‘ von Kant. Das bedeutet, kritisch zu denken, Informationen zu hinterfragen und für sich selbst zu überlegen, was möglich ist. Nachhaltigkeit beginnt nicht mit großen, globalen Maßnahmen, sondern oft bei uns selbst, im Alltag. 

Jeder sollte sich fragen: ‚Was kann ich leisten, ohne mich zu überfordern?‘ Denn nur, wenn wir nachhaltig mit uns selbst umgehen, können wir langfristig einen Beitrag leisten. Das ist auch das Prinzip des Handabdrucks – was tun wir für die Zukunft – in Ergänzung zum Fußabdruck. Ob das weniger Autofahren ist, eine vegetarische Ernährung, sich in der Gemeinschaft oder politisch zu engagieren oder positive Nachrichten zu teilen – entscheidend ist, dass jeder in dem Bereich aktiv wird, der ihm oder ihr wichtig ist und in dem er oder sie Wirkung entfalten kann. 

Ich plädiere dafür, Fakten zu prüfen, sich eine eigene Meinung zu bilden und mit kleinen, konkreten Handlungen anzufangen. Es geht nicht darum, alles perfekt zu machen, sondern dort, wo es uns möglich ist, unseren Teil für eine lebenswerte Zukunft beizutragen. 

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