
MAA spricht mit Iris Viktoria Münch
Ego war gestern: die Gemeinschaft zählt!
Iris Viktoria Münch zeigt, warum wahrhaftige Gemeinschaft der Schlüssel zu Erfolg und
Zufriedenheit ist. Im Werk
Haus leben Menschen vor, wie Unterstützung, Vielfalt und Zusammenarbeit alles verändern können – und warum Alleingänge wahrscheinlich keine Zukunft haben.
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Bild: Iris Viktoria Münch, privat
Die Highligts des Interviews siehst du hier im Video.
Iris, schön, dass du mit Menschen-Aalen über Gemeinschaft sprichst.
Sehr gerne. Es ist mir ein Anliegen.
Und wir sind ja auch in einer passenden Location, nämlich in einem Coworking-Space. Vielleicht kannst du mal ein bisschen was dazu sagen.
Ja, genau. Wir sind hier im WerkHaus in Tempelhof nördlich von Ellwangen. Im WerkHaus arbeiten ganz unterschiedliche Menschen und Gewerke zusammen. Zum Beispiel gibt es hier unten MoWo, der Tiny-Häuser baut. Dann gibt es Pol, der Maschinen entwickelt, mit denen Pilze so "bestäubt" werden, dass sie Vitamin D enthalten. Damit kann man Nahrungsergänzungsmittel herstellen. Es gibt hier auch Unternehmensberater, einen Online-Shop für biologische Kinderkleidung und viele andere spannende Menschen, die in unterschiedlichen Bereichen tätig sind. Hier in diesem Raum haben wir uns mit sieben Menschen einen Coworking-Space eingerichtet. Wir arbeiten sehr eng miteinander. Ich teile mir beispielsweise meinen Platz mit einer Drehbuchautorin und Regisseurin. In der Regel ist sie vormittags hier, und ich bin nachmittags da. Da sie oft dreht und längere Zeit unterwegs ist, kann ich manchmal auch vormittags rein. Wir haben unsere Plätze so organisiert, dass sie flexibel genutzt werden können. Unser Raum wird auch stundenweise an Menschen vermietet, die in Ruhe zoomen wollen.
Und hier, wo du gerade sitzt, ist ein Bereich für Handwerk. Hier wird genäht und gestrickt. Kannst du dazu mehr erzählen?
Gerne, eine Freundin von mir, Anne Lorenz von “raim“, macht das. Sie näht wunderbare Kleidung aus Materialien wie Wolle, Hanf, Leinen und Baumwolle. Alles naturbelassen, schön und vor allem auf den Menschen zugeschnitten. Sie nimmt Maß und erstellt individuelle Kleidung. Das finde ich total schön. Da drüben sitzen auch zwei junge Architekten, Vera strickt mit ihrer Strickmaschine und ich bin Beraterin und Mentorin für Menschen der Neuen Zeit. Insgesamt arbeiten hier sieben Menschen, und manchmal kommen auch andere dazu. Es ist eine Mischung aus verschiedenen Gewerken.
Das Ganze sind ja ganz verschiedene Bereiche. Ist es überhaupt notwendig, dass alle in der gleichen Branche sind? Oder ist es vielleicht sogar ein Vorteil, dass alle so verschieden sind?
Ja, absolut. Zum Beispiel die beiden jungen Architekten. Ich bin ja auch Innenarchitektin, und wir helfen uns gegenseitig, manchmal unterstütze ich sie bei Raumlösungen und wenn ich technische Fragen habe, sind sie sofort zur Stelle. Die Vielfalt hier macht das Ganze lebendig. Es ist nicht nur ein Büro, sondern eine Art Projektschmiede, wo unterschiedlichste Dinge entstehen. Diese Lebendigkeit ist einfach wunderschön.
Man spürt das schon beim Reinkommen. Es sieht tatsächlich bunt aus.
Ja, bunt einerseits durch die Gestaltung der Räume, andererseits durch die Menschen, die hier arbeiten.
Wenn man von Gemeinschaft spricht, denkt man oft an gegenseitige Unterstützung. Wie erlebst du das hier?
Wunderbar. Zum Beispiel war ich letzten Sonntag in Ulm und habe Anne auf einem Markt unterstützt. Sie hat dort Kleidung präsentiert, und ich liebe Märkte. Ich habe ihr angeboten, zu helfen, und sie hat sich sehr gefreut. Während ich den Stand betreut habe, konnte sie eine Stunde Tango tanzen, was sie liebt. Das war eine schöne Erfahrung. Hier unterstützen wir uns wirklich in vielen Bereichen. Eine Kollegin, Vera, kümmert sich beispielsweise mit ihren Kindern um meine Hunde, wenn ich Workshops gebe. Es gibt viele solche Beispiele.
Profitiert also jeder von jedem?
Ja, in jedem Fall.
Aber das hängt sicher auch von den Menschen ab. Passt das einfach gut zusammen, oder würde das mit jedem funktionieren?
Ich kannte nicht alle Menschen hier von Anfang an. Vier von ihnen kannte ich vorher gar nicht. Grundsätzlich glaube ich, dass es mit jedem funktionieren kann, wenn man selbst reflektiert. Es braucht eine bestimmte Art von Kommunikation und die Bereitschaft, bei sich selbst zu schauen, wo ein Problem liegt.
Es braucht eine bestimmte Art von Kommunikation und die Bereitschaft, bei sich selbst zu schauen, wo ein Problem liegt.
Zum Beispiel hatten wir kürzlich einen schimmeligen Topf auf der Arbeitsplatte. Ich habe in unserer Messenger-Gruppe einfach geschrieben, dass der Topf schimmelig ist, ohne jemanden zu beschuldigen. Ich habe ihn von der Holzarbeitsplatte weggeräumt und jemand anderes hat ihn gereinigt. So kann man Probleme sachlich ansprechen, ohne Konflikte zu erzeugen. Ich brauchte mich gar nicht aufzuregen, und mir war klar: Niemand macht so etwas absichtlich, um zu ärgern. Es war ein Versehen. Solche Erkenntnisse sind wichtig – bei sich selbst zu bleiben, nicht sofort schlecht über andere zu denken und erst einmal davon auszugehen, dass es keine böse Absicht gibt. So lassen sich Dinge oft ganz einfach klären.
Und was wäre da ein Tipp? Man sieht das ja häufig in Unternehmen oder Organisationen das typische Problem mit der Kaffeemaschine oder der Spülmaschine. Da hängen oft große Schilder mit Anweisungen. Was würdest du aus deinen Erfahrungen im Co-Working-Space anderen raten, wie man so etwas besser organisiert?
Bei uns gibt es auch ein paar Schilder. Manchmal braucht es sie einfach. Was ich wirklich wichtig finde, ist: Es braucht eine positive Einstellung, quasi „Liebe“. Ich öffne mein Herz und gehe davon aus, dass niemand etwas macht, um mich zu ärgern. Ich bleibe bei mir und sage: „Ich wünsche mir, dass es so und so geht.“ Oder ich frage: „Wo liegt das Problem?“ Oft hilft es, einfach zu schauen, worum es tatsächlich geht. Ein Beispiel: Ich habe kürzlich stolz erzählt, dass ich meine Sachen immer selbst abspüle und auf die Spüle stelle, weil ich nicht so oft da bin wie andere. Da hat mir jemand gesagt, dass das eigentlich blöd ist, weil die Spülmaschine dann nicht voll wird. Jetzt stelle ich die Sachen in die Maschine, damit es sich lohnt, sie anzuschalten. Solche Gespräche sind wichtig, um Missverständnisse zu klären.
Viele Menschen wünschen sich Gemeinschaft, sei es bei der Arbeit, in der Nachbarschaft oder im zivilen Leben. Wie organisiert man Gemeinschaft?
Es braucht meiner Meinung nach eine Grundlage, und die ist „Wahrhaftige Kommunikation“. Viele finden Gemeinschaft eine schöne Idee – zum Beispiel mit netten Leuten zusammenzuwohnen. Aber das ist wie in einer Ehe: Man heiratet einen tollen Partner, und dann kommt der Alltag… (lacht). Es ist wichtig, zu lernen, wie man miteinander kommuniziert. Dazu gehört, die eigenen Gefühle zu reflektieren. Warum bin ich wütend, traurig oder sauer? Es hat oft mit Erlebnissen aus der Kindheit zu tun. Statt diese Gefühle auf andere zu projizieren, sollte man sie bei sich selbst suchen, durchspüren und sich fragen: Was brauche ich wirklich?
Statt diese Gefühle auf andere zu projizieren, sollte man sie bei sich selbst suchen, durchspüren und sich fragen: Was brauche ich wirklich?
Zum Beispiel Ehrlichkeit, Zeit für mich oder Bewegung. Wenn ich das erkenne, kann ich es klar kommunizieren. Ohne diese Reflexion bleibt man in Schuldzuweisungen stecken, und Gemeinschaft funktioniert nicht.
Das heißt der erste Schritt ist die Reflexion von sich selbst, bevor man mit anderen spricht?
Genau. Das ist auch eine Form von Kommunikation – erst mit sich selbst. Ich spüre, was in mir vorgeht, und finde heraus, welches Bedürfnis dahintersteckt. Danach kann ich klar und ruhig mit anderen kommunizieren.
Und du meinst, die Kommunikation verändert sich dadurch?
Absolut. Ein großes Problem ist es, aus der Emotion heraus zu kommunizieren, weil das oft verletzend ist und nicht die eigentliche Wahrheit widerspiegelt. „Wahrhaftige Kommunikation“ bedeutet, erst bei sich selbst Klarheit zu schaffen. Das hat für mich alles verändert. Seit ich das bewusst praktiziere, ärgere ich mich kaum noch über Menschen.
Das klingt, als wärst du „geboren“ für diese Art von Gemeinschaft, weil du es für dich selbst geübt hast. Aber wie ist es mit den anderen im Co-Working-Space, die deine Ansichten vielleicht nicht teilen?
Ich helfe ihnen nicht aktiv, sondern lebe es einfach vor. Andere bekommen das mit, und so unterstützen wir uns gegenseitig. Manchmal erinnern wir uns gegenseitig daran, wie wichtig das ist.
Das heißt, du lebst es einfach, und andere sehen, dass es funktioniert?
Ja, genau.
Dieses Modell der Gemeinschaft, was man hier im Kleinen lebt, kann man das auch an anderen Stellen nutzen?
Also ich glaube, dass wir alle so leben können. Und für mich fühlt es sich auch so an, als ob es jetzt an der Zeit wäre, das zu leben. Was für mich ganz, ganz wichtig ist, ist die Frequenz, also in dieser Frequenz der Liebe zu bleiben. Nicht aus niederen Frequenzen wie Angst, Scham, Schuld oder Wut heraus etwas zu tun oder etwas Neues zu gründen. Das führt zu nichts. Es endet wieder in Streit, im Kleinen wie im Großen, bis hin zu Krieg. Das Einzige, was wirklich etwas ändert, ist, wenn ich aus Liebe, Dankbarkeit und Frieden heraus etwas gründe.
Das Einzige, was wirklich etwas ändert, ist, wenn ich aus Liebe, Dankbarkeit und Frieden heraus etwas gründe.
So ist es hier auch entstanden. Wir haben schön miteinander gearbeitet, und wenn es Schwierigkeiten gab, haben wir darüber gesprochen, und es ging weiter. Jeder hat mit voller Liebe mitgewirkt. Es war einfach wunderschön. Wir haben hier selbst unser Büro ausgebaut, die Räume gestaltet, möbliert – alles gemeinsam.
Und wenn jetzt jemand seine Kaffeetassen nicht in die Spülmaschine räumt, wie wird das dann gelöst?
Dann macht es jemand anderes, oder die Tassen bleiben stehen, bis der Mensch daran denkt. Es findet sich immer eine Lösung. Immer.
Was hättest du für einen Tipp für Menschen, die sagen: "Ja, das klingt gut, ich hätte auch gerne so eine liebevolle Gemeinschaft"? Was müsste man tun? Womit geht es los?
Beginne mit dir. Immer. Arbeite an dir selbst. Alles, was du innen bist, wirst du im Außen sehen. Das ist gleichzeitig ganz einfach und doch schwer für manche.
Also die Selbstreflexion als Werkzeug für sich entdecken?
Ja, aber ich bin mit dem Begriff "Werkzeuge" nicht so einverstanden. Für mich geht es eher ums Spüren. Reflexion ist etwas, das viel mit dem Kopf zu tun hat. Für mich ist es wichtig, ins Herz zu gehen. Es geht darum, auch die tiefen Schmerzen zu spüren – Dinge wie: "Ich werde nicht gesehen" oder "Ich werde nicht gehört". Das sind oft Kindheitsthemen. Unsere Eltern konnten uns nicht immer sehen oder hören, weil sie auch nur Menschen sind. Es ist wichtig, diese Themen zu durchspüren und zu integrieren, statt sie wegzudrücken. Das sind tiefe Schmerzen, aber sie dürfen da sein. Unsere Eltern haben ihr Bestes gegeben. Wir können diese Schmerzen integrieren, um in der Frequenz der Liebe zu bleiben. Seitdem ich das mache, begegnet mir das auch: Menschen lächeln mich an, wie du gerade. Es ist das Gesetz der Resonanz – es funktioniert.
Eine andere Perspektive: Du bist Innenarchitektin. Spielt der Raum, wenn man so eine Gemeinschaft gründen möchte, eine Rolle?
Ja, unbedingt.
Wie muss der Raum für Gemeinschaft gestaltet sein?
Der Raum muss den Menschen entsprechen. Materialien spielen dabei eine große Rolle. Hier zum Beispiel ist es ein Holzhaus mit Lehmputz – alles natürliche Materialien. Betonwände hingegen entziehen dem Menschen Energie. Menschen, die in Betonbauten arbeiten, müssen ständig Energie aufbringen und sind am Ende des Tages erschöpft. In Räumen wie diesen, die den Menschen unterstützen, geht man mit Energie und Freude nach Hause.
Warum beachten so viele Architekten das nicht und setzen auf kahle Betonwände?
Ich denke, das liegt an der Baulobby. Als ich aktiv als Innenarchitektin gearbeitet habe, wurden Dämmstoffe immer dicker, ohne wirklich Mehrwert zu bieten. Es ging oft nur darum, die Wirtschaft anzukurbeln. Meiner Meinung nach ist es sinnvoller, alte Gebäude zu sanieren und instand zu setzen. So bleibt auch das Dorfbild oder die historische Schönheit in Städten erhalten – wie zum Beispiel in Dinkelsbühl, das wunderschön ist, weil dort alles erhalten wurde. Und bei den Architekten, so wie ich das erlebe, geht es ganz oft nur um umbauten Raum und um Geld. Es gibt wenige Architekten, die einen anderen Fokus haben. Hier im Co-Working-Space gibt es zwei Architekten, bei denen es um mehr geht. Aber bei vielen Architekten, mit denen ich studiert habe, dreht sich alles um umbauten Raum und Geld, um Quadratmeter und Kubikmeter. Das ist typisch für Ingenieure. Ich bin ja selbst Ingenieurin, hier geht es oft nur um diese Aspekte. Da bleibt für Themen wie Energie – außer vielleicht Brennstoffe als Energie (lacht)– kaum Raum. Aber ich glaube, wir kommen langsam an einen Punkt, an dem sich das ändert. Alle spüren ja, wie wichtig das Thema Energie wird. Es betrifft die Räume, die Materialien, die wir verwenden, wie zum Beispiel Lehm. In fast jeder Gegend gibt es Lehm in einer Grube. Das ist ökologisch – ökologischer geht es gar nicht.
Zwei Dinge fallen mir hier auf: Erstens, dass es bunt ist, was Menschen offenbar sehr gefällt, und zweitens, dass es relativ klein ist.
Ja, es braucht gar keine bombastische Größe, sondern die Gemütlichkeit. Hier ist man nah beieinander. Das finde ich sehr schön, auch wenn ich persönlich große Räume mag. Diese können auch gemütlich sein und haben eine andere Ausstrahlung. Aber hier ist es wirklich toll, weil wir so nah beieinander sind.
Ja, es braucht gar keine bombastische Größe, sondern die Gemütlichkeit.
Gibt es Prinzipien für menschgerechte Räume?
Ja, es gibt ein paar Prinzipien, die wir hier nicht komplett besprechen können. Menschgerechte Räume sollten Energie spenden, nicht ziehen. Menschen, die solche Räume gestalten wollen, sollten sich gut informieren und nicht einfach Sichtbetonwände aufstellen. Ich verstehe nicht, wie jemand dafür Geld ausgibt. Man spürt es sofort in einem Raum, wenn er unangenehm ist, und denkt nur: „Hoffentlich bin ich bald wieder weg.“ Das ist so schade, denn es ist wundervoll, wenn man sich in Räumen aufhält, die einem Energie geben.
Was beeinflusst das Raumgefühl noch?
Ein großes Thema ist der Geruch. Unser olfaktorischer Sinn – die Nase – ist einer unserer prägendsten Sinne. Gebäude, die unangenehm riechen, weil sie nur aus künstlichen Materialien bestehen, aktivieren das Reptilienhirn. Das signalisiert Gefahr, weil es nach Gift riecht. Und tatsächlich ist es Gift, etwa von Teppichklebern. In solchen Räumen bist du im Flucht-, Kampf- oder Starre-Modus. In vielen Büros ist das der Fall.
Verhindert das auch Gemeinschaft?
Absolut. Du kannst im Reptilienhirn keine Gemeinschaft bilden. Das geht nur mit einem entspannten Nervensystem. Das Nervensystem ist ein wichtiger Punkt. Nur wenn es entspannt ist, kannst du in Beziehung mit anderen treten. Deswegen müssen wir an den Räumen arbeiten, in denen wir uns treffen. Gleichzeitig müssen Menschen an sich selbst arbeiten, um Gemeinschaft herzustellen. Nicht an anderen, sondern an sich selbst.
Was ist dein Fazit?
Es ist wundervoll, wenn jeder an sich selbst arbeitet, weil er dadurch sein Leben schöner machen kann. Und es ist genauso wundervoll, wenn uns bewusst wird, wie wichtig alles ist, was uns umgibt: unsere Kleidung, unsere Räume, die Natur – alles. Alles wirkt auf uns und geht miteinander in Resonanz.
Vielen Dank für das tolle Gespräch!
Danke! Es hat mir viel Spaß gemacht.