
MAA spricht mit Anna-Lisa Bohn
Bürgermeisterin mit 26: Der mutige Weg als junge Frau in die Kommunalpolitik
Mit gerade einmal 26 Jahren wurde Anna-Lisa Bohn zur Bürgermeisterin von Ellenberg gewählt und zählt damit zu den jüngsten Amtsinhaberinnen Deutschlands. Im Interview spricht sie über ihren ungewöhnlichen Karriereweg, die Herausforderungen als junge Führungskraft und ihren Weg, sich in der kommunalen Politik zu etablieren.
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Bild: Anna-Lisa Bohn, privat
Anna-Lisa, du bist mit 26 Jahren Bürgermeisterin von Ellenberg geworden – das ist in der Politik eher ungewöhnlich. War das schon immer dein Ziel oder wie genau kam es dazu?
Anfangs hatte ich diese Karriere nicht im Blick. Der Wunsch, Bürgermeisterin zu werden, entwickelte sich schrittweise aus meinen beruflichen Erfahrungen. Während meiner Tätigkeit als Hauptamtsleiterin lernte ich die vielfältigen Facetten der kommunalen Verwaltung kennen. Dabei habe ich festgestellt, wie nah die Arbeit auf dieser Ebene an den Bürgerinnen und Bürgern ist und wie groß der Einfluss auf das unmittelbare Lebensumfeld sein kann. Mich faszinierte die Möglichkeit, Dinge direkt anzupacken und mitzugestalten. Besonders die Zusammenarbeit mit den Vereinen und die Organisation von Projekten weckten in mir die Motivation, noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Schließlich war es ein Mix aus Ermutigung durch mein Umfeld und meinem eigenen Wunsch, Ellenberg weiterzuentwickeln, der mich dazu bewogen hat, für das Amt zu kandidieren. Es war eine große Entscheidung, aber ich habe sie mit Herz und Verstand getroffen.
"Mich faszinierte die Möglichkeit, Dinge direkt anzupacken und mitzugestalten"
Gab es in Ihrer Laufbahn Momente des Zweifels oder Vorurteile?
Zweifel gehören wohl zu jedem großen Schritt im Leben, und meine Kandidatur war da keine Ausnahme. Besonders in der Anfangszeit gab es Menschen, die skeptisch waren, ob eine junge Frau in einem verantwortungsvollen Amt wie dem einer Bürgermeisterin bestehen kann. Manche fragten sich, ob ich genug Erfahrung mitbringe oder ob ich mich gegen ältere und erfahrenere Kolleginnen und Kollegen behaupten kann. Diese Situationen waren nicht immer leicht, aber sie haben mich motiviert, noch entschlossener an meinen Fähigkeiten zu arbeiten. Mein Ansatz war, durch Kompetenz und Leistung zu überzeugen, anstatt mich von Vorurteilen entmutigen zu lassen. Unterstützt hat mich dabei die Erkenntnis, dass niemand perfekt startet. Fehler gehören zum Lernen dazu, und der Mut, um Rat zu fragen oder Unterstützung anzunehmen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Ich habe mich in diesen Momenten darauf konzentriert, mich weiterzuentwickeln und zu beweisen, dass Engagement und Teamarbeit mehr zählen als Alter oder Geschlecht.
Welche Erfahrungen haben Sie besonders geprägt?
Eine der prägendsten Phasen war definitiv meine Zeit als Hauptamtsleiterin. In dieser Rolle hatte ich die Möglichkeit, umfassende Einblicke in die Verwaltungsarbeit zu gewinnen und die Dynamik einer Gemeinde hautnah zu erleben. Ich lernte, wie entscheidend eine gute Organisation und Kommunikation sind, um Projekte erfolgreich zu realisieren. Dabei ging es oft darum, unterschiedliche Interessen zu vereinen – sei es bei der Planung neuer Projekte oder bei der Lösung von Konflikten. Besonders intensiv habe ich erlebt, wie wichtig Vertrauen und Transparenz in der Zusammenarbeit sind. Ein konkretes Beispiel war die Planung eines größeren Infrastrukturprojekts, bei dem viele unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallten. Es war eine Herausforderung, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen, doch letztlich zeigte mir diese Erfahrung, wie wertvoll Geduld und ein klarer Austausch sind. Solche Momente lassen mich nicht nur beruflich, sondern auch persönlich wachsen.
Wie haben Sie sich in Ellenberg etabliert und Vertrauen gewonnen?
Der Schlüssel war und ist der direkte Kontakt zu den Menschen in der Gemeinde. Schon während meines Wahlkampfes war es mir wichtig, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger kennenzulernen und ihre Anliegen zu verstehen. Nach meiner Wahl habe ich diesen Ansatz beibehalten. Ich war von Anfang an bemüht, sichtbar zu sein – sei es bei Veranstaltungen, im Rathaus oder einfach durch Gespräche auf der Straße. Wichtig war mir auch, die Balance zwischen Tradition und Innovation zu finden. Ellenberg hat eine starke Verwurzelung in seinen Werten, und diese zu respektieren, war mir ein großes Anliegen. Gleichzeitig habe ich versucht, neue Impulse zu setzen, die langfristig der Gemeinde zugutekommen. Durch Offenheit und das Ernstnehmen der Sorgen und Wünsche der Menschen konnte ich Stück für Stück Vertrauen aufbauen.
"Wichtig war mir auch, die Balance zwischen Tradition und Innovation zu finden"
Wie bleiben Sie authentisch und nahbar trotz der Herausforderungen?
Die Vielzahl an Aufgaben kann manchmal überwältigend sein, das möchte ich nicht leugnen. Doch genau diese Vielfalt ist es auch, die meine Arbeit so spannend macht. Es ist mir unglaublich wichtig, Entscheidungen so zu kommunizieren, dass sie für alle nachvollziehbar sind. Mein Ziel ist, dass sich die Menschen in Ellenberg gehört und ernst genommen fühlen.
Für mich bedeutet Authentizität, ehrlich zu sein – sowohl in meinen Stärken als auch in meinen Schwächen. Ich finde es wichtig, Menschlichkeit zu zeigen und die Bürgerinnen und Bürger an meinen Überlegungen teilhaben zu lassen. So entsteht Vertrauen und ein echtes Miteinander.
Gleichzeitig nehme ich mir bewusst Zeit, um mit meinem Team oder meiner Familie Kraft zu tanken. Diese Balance hilft mir, Herausforderungen zu meistern und gleichzeitig als Bürgermeisterin und Person nahbar zu bleiben.
Haben Sie einen Rat an junge Menschen, die in die Politik wollen?
Mein wichtigster Tipp ist, einfach den ersten Schritt zu machen und sich nicht von Zweifeln aufhalten zu lassen. Politik kann einschüchternd wirken, aber sie bietet eine unglaublich wertvolle Plattform, um Ideen einzubringen und echte Veränderungen zu bewirken. Junge Menschen haben oft frische Perspektiven, die unsere Gesellschaft bereichern können. Diese Perspektiven werden benötigt, vor allem auf kommunaler Ebene. Nutzt Praktika, ehrenamtliches Engagement oder lokale Jugendgremien, um erste Erfahrungen zu sammeln. So könnt ihr herausfinden, ob es der richtige Weg für euch ist. Und vor allem: Lasst euch von Rückschlägen nicht entmutigen. Politik ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Es braucht Geduld und Ausdauer, um langfristig etwas zu bewegen. Habt den Mut, euren eigenen Weg zu gehen, auch wenn er auf den ersten Blick anders oder ungewöhnlich erscheint. Die Politik braucht frische Ideen und neue Perspektiven, und ihr habt die Fähigkeit, diese einzubringen. Es spielt keine Rolle, wie alt ihr seid oder welchen Hintergrund ihr habt – was zählt, ist eure Bereitschaft, euch zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Traut euch, eigene Visionen zu entwickeln und sie auch mit Überzeugung zu vertreten. Es wird immer Menschen geben, die euch unterschätzen oder euch mit Vorurteilen begegnen. Doch genau darin liegt eure Chance: Nutzt solche Momente, um mit eurer Kompetenz, Leidenschaft und Zielstrebigkeit zu überzeugen. Der Einstieg muss nicht perfekt sein. Beginnt mit kleinen Schritten: Macht ein Praktikum, engagiert euch ehrenamtlich oder werdet in politischen Gruppen aktiv. Jede Erfahrung zählt und bringt euch eurem Ziel näher.
Denkt daran: Niemand muss alles allein schaffen. Umgebt euch mit Menschen, die euch unterstützen, an euch glauben und von denen ihr lernen könnt. Gemeinsam könnt ihr viel mehr erreichen.
Politik ist nicht immer ein einfacher Weg, aber er kann unglaublich bereichernd sein – vor allem, wenn ihr dranbleibt und für eure Überzeugungen einsteht. Ihr habt die Chance, wirklich etwas zu verändern. Also wartet nicht – fangt heute damit an!